Iran, Teil 3: 19.06. – 02.07.2014

Teheran – Mashad
Berge, Meer und religiöses Zentrum
Früh standen wir auf, um noch mein Tadjikistanvisum abzuholen und endlich Teheran zu verlassen. Als wir jedoch mit all unserem Gepäck dort eintrafen, sagte man uns, dass der Konsul auf einer Besprechung sei und erst wieder mittags zurückkommen würde. Wir entschieden uns zu warten, das Gepäck abzunehmen und die Fahrräder zu checken. Nach einer halben Stunde kam der Konsul doch wieder zurück – es konnte weitergehen. Eine nette junge Frau kam zu mir und sagte, dass ich nun meinen Pass abgeben könne, keine 5 Minuten später kehrte sie zurück und wollte 50$, den doppelten Preis, damit der Konsul mir sofort den Stempel geben würde, quasi eine Expressgebühr, ansonsten könnte ich es erst am Abend wieder abholen. Ich sagte ihr, dass ich bereits vor 9 Tagen das Visum beantragt hatte und ich nicht bereit sei so viel zu bezahlen, gerade nach so einer langen Wartezeit. Wir wollen heute noch in Richtung kaspisches Meer starten, was sie verstand und so nochmal mit dem Konsul redete. Nach 20 Minuten hatte ich dann tatsächlich für 25$ den Stempel im Pass, die Bestechungsgebühr zum Glück gespart.

Es war heiß und uns stand eine Steigung auf 2800m bevor. Das bedeute für die nächsten 1,5 Tage nur bergauf zu fahren, um das …-Gebirge zu durchqueren und einen Blick auf den 5671m hohen Damavand zu bekommen, um letztendlich an das kaspische Meer ins Grüne zu gelangen. Wir wollten so der Wüstenetappe bis Mashad ausweichen und eine andere Seite des Landes kennenlernen. Der Ausblick war mal wieder atemberaubend und in der Nacht kamen wir beim Roten Halbmond unter. Sie schenkten uns für den nächsten Tag auch gleich noch ein Essenspaket, das wir dankend annahmen und gut gebrauchen konnten. Am Pass angekommen ging es am zweiten Tag nun 2800 Meter bergab bis zum kaspischen Meer. Erschöpft kamen wir am Abend nach 145 km auch dort an, aber mussten durch den Gegenwind mehr treten als geplant. Doch all die Strapazen hatten sich gelohnt.
Uns wurde eine andere Seite des Iran präsentiert, es war grün, grün und grün. Es machte Spaß hier zu fahren, nur die hohe Luftfeuchtigkeit machte mir etwas zu schaffen. Wir campierten auf einer Weidefläche einen Kilometer vom Meer entfernt und mussten uns nach etlichen Wochen zum ersten Mal mit Stechmücken herumärgern.
Am Morgen schwitzen wir schon beim Packen. Es war zwar kühler, aber durch die Schwüle unangenehmer. Wir fuhren los und nahmen nach einer Stunde Fahrt unser erstes Bad im Kaspischen Meer. 100 Kilometer standen heute auf dem Plan, doch mein Körper spielte nicht mit. Ich musste mir wohl schlechtes Wasser abgefüllt haben, so dass ich mich mehrmals übergab. Nach 50 Kilometer war es schon spät geworden und wir wollten nach einem Schlafplatz Ausschau halten und davor noch Brot einkaufen.
Ali, ein Ladenbesitzer, sah – während Reiner einkaufte – dass es mir nicht gut ging und so lud er uns zu sich nach Hause ein. Ich war völlig erschöpf und schlief erstmal. Die WM-Spiele verpasste ich schlafend, konnte aber immerhin am Abend noch eine Suppe einnehmen. Es war wahrscheinlich wirklich nur schlechtes Wasser gewesen, da es mir am nächsten Morgen deutlich besser ging. Mit leichten Bauchschmerzen und Rückenwind schafften wir doch tatsächlich wieder 100 Kilometer und bauten unser Zelt in einem Gemüsefeld auf.
Zwei Arbeiter sahen uns nach einer halben Stunde, als sie Feierabend machen wollten und fuhren mit ihren Motorrädern zu uns. Sie planten nach kurzer Zeit mit Kebab wieder zu kommen, doch wir trauten ihnen nicht ganz und begannen schonmal zu kochen. Nach einer Stunde kamen sie tatsächlich zurück, Kebab aber nicht im Gepäck – nur Marjuhana. Gerade im Iran, wo es für so etwas laut Auswärtigem Amt noch die Todesstrafe gibt, wollten wir nichts damit zu tun haben und schickten sie weg. Wir hatten zwar gehört, dass Iran ein wirkliches Drogenproblem hat, aber bis dahin nie etwas mitbekommen.

Bis nach Mashad veränderte sich nun die Landschaft. Wir verließen das kaspische Meer und mussten noch zwei Steigungen zurück auf 1800m und später 1500m zurücklegen, bevor wir auf das 300 Meter hochgelegene Saraks, an der Grenze zu Turkmenistan gelangen konnten. Doch neben diesen Anstiegen lagen auch noch zwei Attraktionen auf dem Weg. In Teheran schon den Golestan-Palast besichtigt, gab es hier nun den Golestan-Nationalpark. Hier soll es wohl Tiger und andere gefährliche Tiere geben, doch wir bekamen nur etwas von wirklich angefütterten, scheulosen Wildschweinen mit, die links und rechts neben der Straße den ganzen Müll der Iraner verspeisten. Im ersten Moment dachte ich einen wirklichen Glücksgriff gehabt zu haben, doch nach mehreren Kilometern und dem ständigen Auftauchen neuer Wildschweine, muss ich zugeben, dass das wohl zum Bild des Nationalparks gehört.

Nach dem Nationalpark wurde es wieder trockener, die Schwüle verschwand und machte Platz für die wenig attraktive Steppenlandschaft auf dem Weg nach Mashad. Am Abend hatten wir uns als Ziel gesetzt beim Roten Halbmond unterzukommen, um das USA-Deutschland-Spiel zu sehen, doch als die Sonne unterging waren wir gerade in Shirvan und der nächste Posten noch 15 Kilometer entfernt. Wieder mal Ali – aber ein anderer – lud uns aber glücklicherweise in Shirvan zu sich nach Hause ein. Seine Mutter war vor einer Woche gestorben und wir konnten uns nicht zusammenreimen, wieso er uns an diesem Abend zu sich einlud, da parallel an einem anderen Ort in der Stadt noch eine Trauerfeier für sie stattfand. Er durfte sich nun für 40 Tage nicht mehr rasieren, was im Iran echt auffällig ist, da nahezu alle Iraner rasiert herumlaufen. Soweit geht also die Gastfreundschaft der Iraner, aber Fernsehen gab es leider nicht. Vielmehr hatten wir einen interessanten Abend, da Ali kaum Englisch sprach, aber Freunde einlud mit denen wir uns dann unterhalten konnten, während er zurück zur Feier ging.
Er wollte unbedingt unsere Pässe bekommen, um am nächsten Morgen zur Polizei zu gehen und uns registrieren zu lassen – zu unserer Sicherheit, wie er es immer sagte. Wir baten ihn darum es nicht zu tun, doch er wollte es unbedingt machen und lud uns gleichzeitig auch noch in seine 60km-entfernte Heimatstadt ein.

Als wir am Mittag dort eintrafen und ihn anriefen, erzählte er nur etwas von Problem, Polizei und Hotel.
Wir wollten zwar nicht bei ihm übernachten – nur Mittagspause machen -, aber anscheinend hatte er sich durch seinen Übereifer Ärger eingefangen. Wir schrieben ihm noch eine Dankes-SMS und schliefen in der Nacht hinter einem kleinen Matsch-Haus-Dorf, wo eigentlich nur Schäfer leben. Es war ein schöner letzter Abend und ein sternenklarer Himmel bevor wir Mashad erreichten.

Wir hatten solange Zeit auf Fragen nach unserem Weg immer geantwortet, dass wir nach Mashad fahren, woraufhin die Menschen immer ungläubig fragten, ob wir Moslems seien. Nun wussten wir auch weshalb. Mit über 18 Millionen Pilgern im Jahr ist Mashad das religiöse Zentrum des Irans. Der Schrein des Imam Reza ist dort unter einer goldenen Kuppel zu finden. Er wurde durch den Scheich ö… aus 1001er-Macht aus politischen Gründen ermordet – das erste Mal nach Persepolis, dass ich wieder mit spannender Geschichte Persiens vertraut gemacht wurde.
Der Ramadan begann nun auch noch und lustigerweise hatten wir uns um einen Tag geirrt und unser Eis immer schön versteckt in irgendwelchen Nebenstraßen eingenommen. Als ich das hörte, musste ich wirklich grinsen, naja so hatten wir immerhin schon einmal geübt. In Mashad blieben wir zwei Tage beim Couchsurfer Amin, der uns sogar in seinem Büro das Internet benutzen ließ. Wir hatten viel für Zentralasien zu planen und blieben von früh morgens bis nach 21 Uhr dort. Erst am zweiten Tag hatten wir Zeit den Schreinkomplex zu besichtigen, obwohl der heilige Gral uns Nicht-Moslems verwehrt blieb. Wir bekamen sogar einen Guide bzw. eher Guard, der dafür sorgte, dass wir nur die uns zugänglichen Ort betraten. Es war schon etwas enttäuschend, doch immernoch sehr beeindruckend.
Schließlich waren wir froh nach 3 Nächten Mashad zu verlassen, da Amin am zweiten Abend auch Marijuhana rauchte und davon schwätzte, dass es ihm helfe die Welt besser zu verstehen. Er war so ein guter Mensch, aber mir war es wohler nicht in diese mögliche Gefahrenlage zu rutschen, so dass ich wirklich froh war am nächsten Morgen wieder auf den Rädern zu sitzen.

In zwei Tagen mussten wir nun die Grenze zu Turkmenistan erreichen. Es stand uns nochmal eine steile Steigung mit erster lästiger Hundeattacke im Iran bevor. Erst nach dieser sprachen uns die Leute immer auf die Mezdavand an, davor hatte man uns diesen harten Part verschwiegen. Es wehte ein kräftiger Gegenwind, die Straße war nur einspurig und etliche LKW machten uns das Leben schwer. Das lag an der ganzen Industrie, die vor die Stadt verlagert wurde. Erst am zweiten Tag wurde es besser, doch der Wind ließ kaum nach.

Die Nacht verbrachten wir neben einer Moschee, wo wir immerhin halbwegs windgeschützt ohne Zelt unsere Matten ausbreiteten. Früh am Morgen bezwangen wir dann die besagte Mezdavand und der Weg war frei nach Saraks. Nur der starke Wind und die schlechte Straßenqualität der kurzen Abfahrt trübten das fantastische Gefühl mal wieder eine Land erradelt zu haben.
Letzte Erkundigungen über die Öffnungszeiten der Grenzen und das Geldwechseln wurden eingeholt, um dann am nächsten Tag sicher nach Turkmenistan einreisen zu können. Iran wollte uns aber wohl nicht so richtig gehen lassen und bescherrte uns einen letzten gastfreundlichen Tag. Ein Autofahrer stoppte, schenkte uns Wasser, fuhr weiter, kehrte um und schenkte uns noch eine Melone. Später kurz vor der Stadt gaben uns Wassermelonenverkäufer eine Melone zum dort essen, wollten kein Geld und uns noch eine weitere für die Fahrt mitgeben, die wir aber dankend ablehnten. Bei unserem letzten Einkauf bezahlte dann noch ein Iraner für uns, was am Ende des Tages drei geschenkte Melonen bedeutete. Es ist nicht schwer zu erraten, dass wir den Aufenthalt und besonders die Art der Menschen sehr genossen. Der Camping-Liebe der Iraner war es zu verdanken, dass wir uns auch mit Zelt in der Stadt stes wohlfühlten und nicht abseits der großen Hauptstraßen nach geeigneten Plätzen suchen mussten.
Die letzte Nacht verbrachten wir traditionell beim Roten Halbmond, so dass ich am Ende ca. 5 mal dort nächtigte. Es war super entspannt und in dem Gästebuch stand Markus Name, mit dem wir zwei Tage bis nach Zanjan gefahren waren. Er war 4 Tage vor mir dort gewesen, mal schauen, ob man sich später in China nochmal trifft.

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