Malaysia, Teil 1: 14.12. – 24.12.2014

Regenzeit in den Tropen: Sowas gibts?

Schon der letzte regenreiche Tag in Thailand hatte uns gezeigt, wie es in der nächsten Zeit in Malaysia weitergehen würde. Als Motorradfahrer wurden wir an der Grenze abgefertigt und befanden uns ohne Wartezeit, Zoll- oder Gepäckkontrolle wieder in einem neuen Land. Trotz aufgestellter Verbotsschilder fuhren wir zunächst auf der Autobahn E1 in Richtung Alohr Setar, wir hatten einige Kilometer gut zu machen, um den geplanten Abstecher nach Singapur nicht zu gefährden. Entlang von grünen Reisfeldern führte uns der Weg nach Süden, wir blickten weit in die Ferne, ein Anblick der nur selten im geschäftigen Südostasien zu finden war. Neben der schönen Landschaft und Aussicht
sah man direkt, dass es dem muslimischen Malaysia deutlich besser ging als den anderen Ländern. Es wirkte aufgeräumter, das Straßenbild war gepflegter und die Wohnkultur mehr unserer angepasst. Es gab erstmals ruhigere Straßenabschnitte, an denen keine Häuser standen, sondern der kultivierten Natur Raum gegeben wurde. Unberührtes Land fand man an der besiedelten Westküste zwar nicht mehr, aber die kilometerlangen Palmöl-Plantagen erzeugten ein Bild des immerwährenden Grüns. Zudem lebten noch eingige Primaten-Arten in den Palmkronen, die laut rufend den wilden Dschungel vortäuschten. In unserer ersten Nacht fanden wir dann auch gleich Unterschlupf in einer solchen Plantage und blieben weitestgehend trocken.
Das dies unsere einzige trockene Nacht in Malaysia bleiben sollte, davon wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nichts. Das was uns auffiel war der Auto-Fahrzeugbesatz, der uns ungewohnt hoch erschien. Man war hier wieder in der Lage sich Autos zu leisten, aber dennoch gab es noch genügend nervige Motorradfahrer, die meist die Spur mit uns teilten, aber rücksichtslos knapp und knatternd an unseren Rädern vorbeifuhren. Oft erschreckten wir uns, zum Glück passierte es nie, dass wir in diesen Momenten unachtsame Schlenker machten.

Am nächsten Tag erreichten wir über Kuala Kangar die erste größere besiedelte Stadt Ipoh im andauernden Regen. Nun erwischte es auch mich und ich verbuchte meinen ersten Plattfuß nach über 5000 Kilometern. Durch die hohen Niederschläge und die Zwangsreparatur-Pause erreichten wir unser angestrebtes Ziel nicht, sondern fanden Schutz in einem Hindu-Kloster, nachdem uns eine islamische Tankstellenbesitzerin nicht auf ihrem englischen Zierrasen übernachten lassen wollte. Zum Glück, denn so blieben wir in der Nacht trocken. Trocken ja, aber ungestört war man in Asien nie und so war es dieses Mal ein totes Huhn und eine tote Katze, die keine zwei Meter von uns entfernt ihre beste Zeit des Verwesungsprozesses zu haben schienen. Es war ein unglaublicher, ekelhafter Gestank, den wir aber ertragen mussten, wenn wir im Trockenen bleiben wollten.
Am nächsten Morgen wurden wir zum indischen Frühstück eingeladen, das neue Einblicke in die entfernte Kultur Indiens ermöglichte. Eines der vielen unzählbaren Kinder brachte uns etwas zu Trinken und Essen, während ein Erwachsener fragte, ob wir einen Löffel bräuchten, um den Reis zu essen. Ich bejahte die Frage natürlich und erkannte erst im Nachhinein den Grund hierfür. Inder essen nicht wie die Chinesen mit Stäbchen, sondern für gewöhnlich mit den Fingern und brauchen kein Besteck. Neu war aber die Erkenntnis, dass nicht alle Vegetarier sind. So gehört Fleisch in der indischen Esskultur genauso auf den Tisch wie auch Gemüse. Eine Art von Nasi goreng (gebratener Reis) und süßer Reis wurde uns angeboten und schmeckte einfach himmlich. Das interkulturelle malaysische Essen genoss ich auf meiner gesamten Reise mit am meisten. Für uns waren die Inder die neuen Freunde, man konnte sich normal mit den Frauen unterhalten und auf die Nachfrage wie viele unserer neuen Freunde denn in Malaysia lebten, konnte eine Frau nur antworten, dass sie es nicht wüsste, da es so viele seien und jedes Jahr mehr werden.

Über Butterworth und Georgetown fuhren wir weiter nach Kuala Lumpur. Endlich hatten wir auch den indischen Ozean erreicht, doch wirklich zum Schwimmen lud er leider nicht ein. Zu dreckig und zu regnerisch war es, wirkliche Schwimmlaune kam dort nicht auf. Häufig fanden wir versteckten Unterschlupf in dunklen Rohbau-Häusern, von denen es wirklich viele in Malaysia gab. Dennoch war viel Glück dabei jede Nacht wieder ein trockenes Plätzchen zu finden, da mussten Froschteiche und Ameisenvölker toleriert werden.
Da es manchmal trotz Straßenschildern nicht leicht war gut zu navigieren, da es entweder regnete oder Malaysia nur Straßennamen anstelle von Städten ausgeschilderte, suchten wir wieder den Weg zur verbotenen Autobahn. Doch nach ca. drei Stunden war Schluss, denn ein gesetzestreuer Motorradpolizist stoppte und erklärte uns nach Dummste,len, dass es verboten sei und chauffierte uns vom Highway.
Entlang von kultivierten Palmöl-Urwald-Plantagen, die durch den Regen von tiefen Wolken verhangen waren, mussten wir den labyrinthartigen Weg in die Hauptstadt finden. Wir erreichten am frühen Abend schließlich den Norden von Kuala Lumpur und zelteten in einer Koran-Schulen-Moschee, nachdem wir von der Feuerwehr und einem Sportstadion abgelehnt wurden.
Am nächsten Tag besichtigten wir eine hinduistische Kulturstätte „Batu Caves“, bevor es am Mittag in die Wolkenkratzer-Innenstadt zu dem über 400 Meter hohen Patronas-Tower ging. Am späten Nachmittag machten wir uns schließlich auf den Wag nach Petaling Jaya, um zwei wunderbare Nächte bei einer entfernt-verwandten Familie zu verbringen. Herzlich wurden wir dort aufgenommen und es tat gut zu wissen, dass man so fern von zuhause noch Familie hat, von der man vor ein paar Wochen noch nichts wusste.

Es war mal wieder schwer nach zwei Tagen weiterzuziehen, doch Singapur, das Ende des Kontinents lag in unmittelbarer Nähe. Als Ausfahrt Kuala Lumpurs nahmen wir mal wieder die Autobahn, da jede noch so andere Strecke viel zu kompliziert und lang erschien. Am Abend erreichten wir nach 75 km Saramben, suchten uns dort einen Schlafplatz bevor wir am Morgen wieder auf die Autobahn fuhren. Wie schon auf dem Weg in die Hauptstadt wurden wir ein zweites Mal von der strengen Polizei heruntergeworfen. Über eine unglaublich 10 km! lange Kreis-Ausfahrt verließen wir voller Ärger den Highway und befanden uns etwas abseits der geplanten Hauptroute. Nicht so schlimm wie in China, aber dennnoch bescheiden, da die Autobahn nicht nur kürzer und steigungsärmer, sondern auch sicherer war. Es gab dort immer einen Seitenstreifen, den nur wir befuhren. Auf den anderen Straßen gab es diesen nicht und da die Autos auf der Landstraße ohne Abstand mit 90km/h oder auf der Autobahn mit Extrastreifen und 110 km/h an uns vorbeirasten, bevorzugten wir lieber die Seitenstreifen-Variante, da es im Falle eines Unfalls egal wäre, wo wir uns befanden, auf der Autobahn waren wir aber immerhin kein fortwährendes Hindernis.

Durch den andauernden Regen waren Siegfried und ich angeschlagen, aber schafften es weiterhin immer irgendwo unterzukommen, wo es trocken war. Nach leichten Nackenschmerzen entsorgte ich den Fahrradrückspiegel, um eine andere Sitzposition einzunehmen. Seit Thailand und dem Linksverkehr war dieser sowieso unnötiger Balast geworden.

Innerhalb von drei Tagen erreichten wir schließlich die Grenze bei Johor Bahru nach Singapur. Bei der Ausreise klappte wieder alles problemlos und so verließen wir vorübergehend ein Land, dass vielleicht auf den befahrenen Westküstenstraßen nicht unbedingt seine schönsten Seiten präsentierte und trotz des Regens nicht wirklich zum verweilen einlud, doch wir konnten immerhin ein wenig aufatmen, da es doch einiges westlicher zuging als zuvor in Asien. Das Klima und Wetter mit seiner hohen Luftfeuchtigkeit war anstrengend und nicht wirklich zum Fahrradfahren geeignet, leider hatten wir keine Zeit einen Abstecher in die Berge zu machen, um vielleicht ein völlig anderes Malaysia kennenzulernen.

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